Katzen würden Mäuse kaufen by Hans-Ulrich Grimm

Katzen würden Mäuse kaufen by Hans-Ulrich Grimm

Author:Hans-Ulrich Grimm [Grimm, Hans-Ulrich]
Language: eng
Format: epub
Published: 2013-08-14T16:00:00+00:00


9. Eine Wildwestbranche

Die Skandale ums Tierfutter und ihre Ursachen

Dioxin-Alarm: China und Korea stoppen Einfuhren - Wie eine kleine Fettschmelze gleich zweimal große Futtermittelskandale auslöste - Fleischmafia und Kinderschänder - Oh, bizarres Belgien - Modell für Europa? - Das Dumme: Keiner ist schuld - Die krummen Wege des Tierfutters

Er wirkt eigentlich sympathisch, wie er da auf dem Hof in der Sonne steht, rotes Hemd, Ringerfigur, Glatze. Er lächelt und gibt bereitwillig Auskunft, wenngleich ein bisschen zögernd, was man verstehen kann, denn schließlich hat der Mann gleich zwei Skandale ausgelöst, die Auswirkungen hatten bis Amerika und China.

»very urgent - tres urgent«, stand auf dem Titelblatt mit dem leuchtend roten Alarm-Logo des europaweiten Schnellwarnsystems (»Rapid Alert System for Food and Feed«), mit dem die europäischen Überwachungsbehörden die Mitgliedsländer warnten: sehr dringend.

Es ging um Dioxin in Futtermitteln. Dioxin, das Supergift.

»Das Fett von Profat (Auslieferungsdatum 15.11.2005) war hoch kontaminiert mit Dioxin« (400 Picogramm TEQ/g); so die Warnmeldung der Europäischen Kommission, Datum: 30. Januar 2006.

Überall in Europa wurden Futtermittel überprüft, Messgeräte liefen heiß, Hunderte von Farmen wurden gesperrt.

Profat, das ist der Betrieb hier, und Jan Verkest ist der Chef, der Mann mit der Ringerfigur.

Ein Epizentrum von Skandalen, die die Welt erschüttern, könnte bescheidener kaum aussehen.

Wiesen, Bauernhöfe, Maisfelder, Bäume. Kühe, die noch grasen dürfen. Ein ländliches Idyll, 29 Kilometer südwestlich der schönen belgischen Universitätsstadt Gent.

Zwischen Bauernhöfen liegt das Firmengelände.

Ein paar Tanks, eine kleine Halle, ein Hof, auf dem ein Toyota steht und ein Mercedes und ein silberner BMW.

Montag früh ist es hier ruhig. Eine Angestellte wischt den Boden im Büro. Ein paar Schreibtische, Pin-up-Kalender an der Wand, graue Schränke. Die Ordner stehen ein bisschen schief in Regalen. Daneben ein Aufenthaltsraum für die Mitarbeiter. Es gibt sogar ein kleines Labor, mit zwei ballonartigen Behältern, daneben zwei Kochplatten, auf einer steht ein kleines Töpfchen mit einer zerbrutzelten Masse drin.

Neben der kleinen Werksanlage ein Bungalow mit Rasen und Hecken und einer Satellitenschüssel. Dort wohnt Jan Verkest, der Chef.

Schon 1999 stand Verkest im Zentrum eines Skandals. Es ging ebenfalls um Dioxin. Damals war er sogar verhaftet worden. Zwei belgische Minister, Marcel Colla und Karel Prinxten, mussten zurücktreten. Zweihundert belgische Farmen wurden gesperrt, 60.000 Schweine und sieben Millionen Hühner geschlachtet. Die belgische Ausfuhr brach zeitweilig fast vollständig zusammen. Auf eine Milliarde US-Dollar (760 Millionen Euro) wurde der Schaden geschätzt.

Zu den Kunden gehörte damals, unter anderem, die Firma Rendac, jene Tochterfirma eines großen europäischen Schlachtkonzerns namens Vion, die sich jetzt sehr um ein sauberes Image bemüht (siehe Kapitel 3 und 5).

Die Welt der Skandale ist oft sehr klein, die Zahl der handelnden Personen ist überschaubar, auch wenn die Auswirkungen rund um den Globus zu spüren sind.

Belgien steht häufig im Zentrum von Skandalen. Belgien war das Heimatland der Fleischmafia, die während der BSE-Krise dafür sorgte, dass britisches Fleisch trotz des Embargos in deutsche Würste und Supermärkte kam. Belgien war auch Heimat des Hormondopings für Schweine. In Belgien gibt es auch häufig Verbindungen zwischen kriminellen und staatlichen Kreisen. Die Behörden in Belgien sind nicht für ihren Eifer bekannt, und wenn einmal ausnahmsweise ein Veterinärbeamter besonders genau hinschaut, dann kann es passieren, dass er ermordet wird.



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